Seniorenrat fordert Mitsprache in weiteren Ratsausschüssen

Als Vorsitzender des Seniorenrats vertritt Hein-Peter Balshüsemann die Belange der älteren Einbecker. Im Interview setzt er sich für Barrierefreiheit ein, kritisiert die Schließung von Bank-Filialen und macht sich für zusätzliche Mitsprachemöglichkeiten in der Politik stark.

Der Vorsitzende des Einbecker Seniorenrats, Hein-Peter Balshüsemann. Er sagt: "Wenn es Missstände gibt, sprechen wir das in den Ausschüssen oder gegenüber der Verwaltung an."
  
Der Seniorenrat vertritt laut Satzung die Interessen der Einbecker, die 60 Jahre und älter sind. Wie viele sind das?
Rund 30 Prozent aller Bürgerinnen und Bürger, grob gesagt um die 8.000 Menschen.

Wie wird der Seniorenrat gewählt?

Von einer Delegiertenversammlung der Vereine, Verbände, Organisationen und Alteneinrichtungen im Stadtgebiet. Es ist also eine indirekte Wahl. Zuletzt wurde der Seniorenrat im Oktober 2017 gewählt. Zwischen 250 und 300 Einrichtungen waren damals eingeladen, Vertreter in die Delegiertenversammlung zu schicken. Rund 40 haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Der Seniorenrat besteht aus 13 Mitgliedern. Wir sind weder an eine Partei noch an eine Konfession gebunden.

Wie sind Sie an der Arbeit von Politik und Verwaltung beteiligt?

Wir sind in den Ausschüssen für Jugend, Familie und Soziales, für Kultur, Tourismus und Wirtschaftsförderung sowie für Umwelt, Energie und Bau vertreten. Allerdings ohne Stimmrecht. Bei unseren Vorstandssitzungen in den Ortschaften sprechen wir regelmäßig mit den Ortsbürgermeistern darüber, wo der Schuh drückt. Wenn es Missstände gibt, sprechen wir das in den Ausschüssen oder gegenüber der Verwaltung an. Alle unsere Sitzungen sind übrigens öffentlich.

Reicht diese Art der Beteiligung aus?

Wir spielen eine gute Rolle; die Zusammenarbeit mit der Verwaltung funktioniert problemlos. Wir wünschen uns allerdings zusätzlich eine Mitgliedschaft in allen Ausschüssen, die den Alltag der Menschen direkt beeinflussen. Dazu gehört unter anderem der Kernstadt-Ausschuss.

2030 wird voraussichtlich jeder dritte Einbecker über 65 Jahre alt sein. Braucht es den Seniorenrat künftig noch oder müssen nicht die Interessen der Jungen stärker vertreten werden?

Ich denke nicht, dass der Seniorenrat überflüssig wird. Von unserer Arbeit profitieren alle Generationen. Ich würde mir allerdings wünschen, dass die jüngeren Erwachsenen in den politischen Parteien größeren Einfluss haben. Bei den 30- bis 50-Jährigen stehen oft andere Dinge im Mittelpunkt: Familie, Beruf oder Eigenheim.

Welche Themen sind dem Einbecker Seniorenrat am wichtigsten?
Einer unserer vielen Schwerpunkte ist die Barrierefreiheit. Wir wollen Hindernisse abbauen, die die Menschen in ihrer Mobilität einschränken – das betrifft alle Generationen, nicht nur die Senioren. Deswegen arbeiten wir unter anderem auch eng mit der Behindertenbeauftragten zusammen, die kooptiertes Mitglied des Seniorenrats ist.

Worum geht es konkret?
Ein gutes Beispiel für Barrierefreiheit ist der Bahnhof in Salzderhelden, der seit einiger Zeit über eine Rampe und eine automatisch öffnende Tür verfügt. Rund um den Einbecker Marktplatz haben wir dazu beigetragen, dass Menschen mit Rollstuhl oder Rollator nicht mehr über Buckel-Pflaster fahren müssen. Und am Möncheplatz haben wir dafür gesorgt, dass der Parkscheinautomat mit dem Rollstuhl zugänglich ist. Generell brauchen Ältere breitere Parkplätze mit mehr Raum zum Ein- und Aussteigen.

Per Rampe auch mit Rollstuhl zugänglich: der Bahnhof in Salzderhelden.

Sind die Probleme damit gelöst?
Nein, Barrierefreiheit betrifft viele Bereiche – zum Beispiel die öffentlichen Toiletten. Vor kurzem haben wir beispielsweise erreicht, dass der Zentralfriedhof in Einbeck eine zusätzliche Behindertentoilette bekommt. Grundsätzlich setzen wir uns für ein durchgehendes System von Toiletten ein, die man ohne Bezahlung benutzen kann. Ein wichtiger Beitrag dazu sind die „freundlichen Toiletten“, die viele Einbecker Geschäfte anbieten.

Das klingt, als würden Sie überall offene Türen einrennen.

Ganz so ist es nicht. Wir brauchen schon eine gewisse Hartnäckigkeit – vor allem, wenn es um öffentliche Mittel geht. Das Geld der Stadt ist nun einmal begrenzt. Verbesserungsbedarf sehen wir zum Beispiel am Marktplatz, wo es noch keine behindertengerechte Toilette gibt. Die Planung sieht allerdings eine vor.

Wie steht es mit den Einkaufsmöglichkeiten für Senioren?
In Zusammenarbeit mit Einbeck Marketing, Landesseniorenrat und Einzelhandelsverband gehen wir regelmäßig als Tester in die Geschäfte, die das wünschen, und bewerten, ob die Läden das Qualitätssiegel für „Generationenfreundliches Einkaufen“ verdienen. Wir achten zum Beispiel darauf, ob die Breite der Gänge für Rollatoren ausreicht oder ob die Produkte in den oberen Regalen gut erreichbar sind. Oft stellen wir fest, dass die Geschäfte ihren Kunden keine Sitzmöglichkeiten anbieten. Für viele Ältere ist das ein Problem. Darauf weisen wir immer wieder hin. Einige Geschäfte ignorieren das aber. Ein großer Nachteil für Senioren ist die Verlagerung von Einkaufsmöglichkeiten aus dem Zentrum in die Randgebiete. Auch Banken sind zunehmend schlecht erreichbar, weil sie ihre Filialen in den kleineren Orten schließen. Das sehen wir kritisch. 

Beliebte Posts aus diesem Blog

Stadtverwaltung: Mehr als 100 Beschäftigte vor dem Ruhestand

Stadtverwaltung pocht auf Neubau-Option für Vogelbeck

Einbecks Grundschulen schrumpfen wieder