Arbeitsagentur: Fachkräfte sind oft schwer zu finden

Mit sinkender Einwohnerzahl werden die Arbeitskräfte knapper. Maik Heise von der Arbeitsagentur Göttingen über Mangelberufe, Abwerbungsversuche und neue Chancen für Arbeitsuchende. Heise ist Geschäftsstellenleiter für Northeim, Einbeck und Uslar.

Maik Heise von der Arbeitsagentur Göttingen sagt: "Viele Fachkräfte können sich aussuchen, wo oder für wen sie arbeiten wollen."

Einbecks Bevölkerung altert und schrumpft. Finden die Unternehmen noch genügend Mitarbeiter?

Durch die gute Konjunktur und den demografischen Wandel ist die Arbeitslosigkeit auf einen historischen Tiefstand gesunken. In vielen Branchen haben es die Unternehmen inzwischen schwer, ausgebildete Fachkräfte zu finden. Verfügbar sind überwiegend Menschen ohne Ausbildung oder mit lange zurückliegendem Berufsabschluss. Die Arbeitgeber reagieren darauf und geben zunehmend auch Arbeitsuchenden eine Chance, die nicht alle gewünschten Qualifikationen mitbringen. Das ist  ein schwieriger Prozess. Aber nicht nur Fachkräfte sind gesucht: Auch die Besetzung sogenannter Helferstellen wird schwieriger.

In welchen Branchen ist der Mangel besonders groß?
Von einem Mangel sprechen wir, wenn auf eine ausgeschriebene Stelle statistisch weniger als drei Arbeitslose des entsprechenden Berufes kommen. Das ist in Teilen des  Handwerks so und insbesondere in den Pflege- und Gesundheitsberufen. Besonders betroffen ist die Altenpflege.  Steuerfachangestellte und Fachkräfte im Elektro- oder Mechatronikbereich sind ebenfalls kaum zu finden. Und dann darf man auch nicht vergessen: Selbst wenn es auf dem Papier einen geeigneten Kandidaten gibt, wie eventuell in der Gastronomie, so kommen Angebot und Nachfrage nicht zwangsläufig zusammen.

Woran liegt das?
Es kann beispielsweise sein, dass die Arbeitszeit nicht passt. Dabei ist sowohl der Stundenumfang als auch die Verteilung der Arbeitszeit ein Thema. Denn Arbeitszeiten am Wochenende oder in den Abendstunden sind für viele Bewerber unattraktiv. Aber auch der Weg zur Arbeit spielt in einer ländlichen Region eine große Rolle. Ist der Arbeitsort mit öffentlichen Verkehrsmitteln überhaupt zu den Arbeitszeiten erreichbar? Und stehen Verdienst und Fahrtzeit in einem akzeptablen Verhältnis? Darüber hinaus muss die Chemie stimmen - das gilt gerade in kleinen Einheiten, wenn eng zusammengearbeitet wird.

Was sind die Folgen des Mangels?
Viele Handwerker haben lange Wartezeiten oder müssen sogar Aufträge ablehnen. Das ist natürlich misslich und bremst das Umsatzwachstum. Ähnlich sieht es in der Pflege aus. Was es für Pflegebedürftige und auch Angehörige bedeutet, wenn ein Pflegeplatz oder die ambulante Versorgung nicht zeitnah gesichert ist, kann sich wohl jeder vorstellen.

Für die Bewerber müsste das gut sein – sie haben die Auswahl...
In der Tat ist es so, dass der Arbeitsmarkt zunehmend zum Arbeitnehmermarkt wird. Viele Fachkräfte können sich aussuchen, wo oder für wen sie arbeiten wollen. Bei unbeliebten Arbeitszeiten, zum Beispiel am Wochenende, funktionieren Einstellungen oft nur über das Geld. Dort, wo absoluter Fachkräftemangel herrscht, kommt es zu Abwerbungsversuchen bei Mitbewerbern. Arbeitgeber müssen sich also nicht nur über die Gewinnung, sondern auch das Halten von Fachkräften Gedanken machen.

Wie attraktiv ist Einbeck für Fachkräfte von außerhalb?
Zumindest für kleine und mittelständische Unternehmen ist der Charme der Region nicht wirklich gewinnbringend bei der Bewerberakquise. Man muss schon das Leben auf dem Land mögen, um sich für Einbeck und gegen eine Großstadt zu entscheiden. Das spüren zum Beispiel Unternehmen, die überregional Ingenieure oder Controller suchen.

Bis 2030 schrumpfen die Jahrgänge der Erwerbstätigen weiter. Was heißt das für den Einbecker Arbeitsmarkt?
Bisher spüren wir erst den Beginn des demografischen Wandels. Wenn in den nächsten 10 bis 12 Jahren die Babyboomer-Jahrgänge nach und nach in Rente gehen, wird das Angebot an Fachkräften weiter sinken. Zugleich verändert die Digitalisierung den Arbeitsmarkt und natürlich auch die Berufe. Roboter werden immer mehr Aufgaben übernehmen. Es bleibt abzuwarten, wie diese beiden Trends zusammenwirken.

Was empfehlen Sie Arbeitgebern?
Unternehmen sollten sich darauf einstellen, dass nicht jeder Bewerber 1a-Qualifikationen mitbringt. Sie sollten die Arbeit so organisieren, dass sie auch Mitarbeiter mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit sinnvoll einsetzen können. Und: Sie sind gut beraten, ihre Beschäftigten so lange wie möglich im Betrieb zu halten. Das kann zum Beispiel durch betriebliche Weiterbildung geschehen, damit gegebenenfalls andere Aufgaben übernommen werden können. Als Arbeitsagentur können wir insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen Weiterbildungen unter bestimmten Voraussetzungen fördern.

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