Neue Seniorenwohnungen: EWG fährt auf Sicht
Eine alternde und schrumpfende Bevölkerung verändert auch den Wohnungsmarkt. Die Geschäftsführerin der Einbecker Wohnungsbaugesellschaft (EWG), Birgit Rosenbauer, über Leerstand, Neubauprojekte und die Ansprüche älterer Mieter. Ihr Unternehmen verwaltet rund 3000 Wohnungen.
Wie beeinflussen die sinkenden Einwohnerzahlen die Nachfrage nach Wohnungen in Einbeck?
Aufgrund der Bevölkerungsentwicklung wird es bereits 2020 rund 250 Haushalte weniger geben als noch 2017. Langfristig verstärkt sich dieser Trend weiter und dementsprechend sinkt auch der Wohnungsbedarf. Das ist die Gesamtbetrachtung. Bei der EWG spüren wir erfreulicherweise keine Flaute – mit einer Leerstandsquote zwischen 0,3 und 0,7 Prozent stehen wir sogar besser da als vor zehn Jahren. Damals lagen wir bei rund sechs Prozent Leerstand.
Wie erklären Sie sich das?
Unsere Investitions- und Marketingstrategie geht offenbar auf. Wir investieren jährlich zwischen zwei und drei Millionen Euro in die Modernisierung unseres Bestands – zum Beispiel in Energieeffizienz. Hinzu kommen Investitionen in Neubauprojekte. Ein Trend, der dem Bevölkerungsrückgang entgegenwirkt, ist die wachsende Zahl von Einpersonenhaushalten. Ich schätze, dass dieser Effekt den Nachfragerückgang zu etwa 20 Prozent kompensiert.
Wenn es Ihnen so gut geht, muss die Lage bei anderen um so schlechter sein...
Ich kenne die Situation unserer Wettbewerber nicht im Detail. Aber in vielen Fällen scheint die Lage deutlich schwieriger zu sein als bei uns. Ich gehe zum Beispiel davon aus, dass es in etlichen Fachwerkhäusern Leerstand gibt, weil Sanierungen und Modernisierungen sich sehr komplex gestalten und zudem nicht wirtschaftlich sind.
Auch die EWG hat schon Wohnhäuser abgerissen – etwa in Salzderhelden. Gibt es bei Ihnen keine Problemfälle?
Aktuell nur sehr wenige. Wir haben insgesamt rund 3000 Wohnungen in der Verwaltung, davon gehören 1600 uns selbst und 1400 verwalten wir für andere Eigentümer. Ein großer Vorteil für uns ist sicherlich, dass diese Immobilien zum allergrößten Teil in der Kernstadt liegen. Dort ist die Wohnungsnachfrage spürbar besser als in den Ortsteilen.
Der Bevölkerungsrückgang wird begünstigt durch die Strukturschwäche der Region. Wie passen dazu Kaltmieten von zehn Euro pro Quadratmeter – so wie bei Ihrem jüngsten Neubauprojekt?
Sie meinen das Objekt am Petersilienwasser. Dort verlangen wir in der Tat diesen Preis, was durch den hohen Standard aber auch gerechtfertigt ist. Bei unseren Bestandsimmobilien sind die Mieten deutlich geringer. Hier liegen wir im Durchschnitt bei 4,95 Euro pro Quadratmeter bzw. bei 6,20 Euro nach Modernisierungen. Für manchen Kunden ist sicherlich auch das schon viel Geld. Allerdings müssen wir über die Mieten unsere Investitionen finanzieren. Zudem erhöhen wir die Mieten nur selten bei bestehenden Verträgen. In der Regel modernisieren wir erst und heben dann bei der Neuvermietung den Preis an.
Welche besonderen Anforderungen haben ältere Mieter an ihre Wohnungen?
Ein großes Thema ist Barrierefreiheit. Das bedeutet zum Beispiel, dass es in der Wohnung keine Türschwellen gibt und die Dusche ebenerdig ist. Die Dusche sollte größer sein als der Standard – zum Beispiel 1,10 x 1,10 Meter statt der üblichen 0,90 x 0,90 Meter. Auch ein Fahrstuhl ist vorteilhaft. Allerdings ist das teuer und schlägt sich in den Betriebskosten nieder. In unseren Bestandsbauten der 50er und 60er Jahre ist Barrierefreiheit in einem gewissen Rahmen, aber nicht immer vollständig umsetzbar. Dann sprechen wir vom barrierearmen Wohnen.
Was tun Sie bei Neubauten, um den Bedürfnissen älterer Kunden gerecht zu werden?
In unseren Gebäuden am Petersilienwasser haben wir die genannten Anforderungen komplett umgesetzt. Ein weiterer wichtiger Pluspunkt ist dort die Zentrumsnähe mit kurzen Wegen zum Einkaufen oder zu Ärzten. Den nächsten Neubau haben wir an der Baurat-Hase-Straße begonnen. Auch dort haben wir eine ältere Zielgruppe mit typischerweise kleinen Haushaltsgrößen im Blick. Die größte Wohnung wird rund 50 Quadratmeter groß sein. Der Standard wird einfacher sein als am Petersilienwasser, dafür wird die Kaltmiete nur bei ca. 7 Euro pro Quadratmeter liegen. 2019 wird das Haus bezugsfertig sein. Übrigens planen wir so, dass wir flexibel bleiben. Falls wir langfristig doch mehr größere Wohnungen brauchen, dann können wir die Grundrisse mit relativ einfachen Mitteln verändern.
Alt ist nicht gleich alt – auf der einen Seite gibt es die fitten Senioren, auf der anderen die pflegebedürftigen Hochbetagten. Wie unterscheiden sich die Ansprüche?
Die Zielgruppe der Älteren ist in der Tat sehr heterogen. Das erleben wir beispielsweise in unseren drei Einrichtungen für betreutes Wohnen, also im Johannisstift, in St. Spiritus und am Haspel. Im Grunde leben dort zwei Generationen. Es gibt die 70-Jährigen, die typischerweise vollkommen autark leben, Gemeinschaftsveranstaltungen wie Yoga oder Kochen schätzen und nur bei Bedarf einzelne Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Und es gibt die 100-Jährigen, die meist regelmäßig von einem Pflegedienst betreut werden und sich eher in den eigenen vier Wänden aufhalten. Das ist nicht leicht unter einen Hut zu bringen – gerade wirtschaftlich.
Was meinen Sie damit?
Die Bewohner können viele unterschiedliche Dinge in Anspruch nehmen, vom Beratungs- und Besuchsservice bis zum Veranstaltungsangebot. Während viele Hochbetagte dafür gern eine Pauschale bezahlen, ziehen die Jüngeren typischerweise eine Einzelabrechnung wie bei den Wahlleistungen vor. Das ist für den Dienstleister schwierig zu kalkulieren, denn wenn er Personal vorhält, dann braucht er einen Grundumsatz.
Der Einbecker Markt für Wohnhäuser gilt als angespannt. Kritiker sagen: Das liegt auch daran, dass die Besitzer keine passende Wohnung für das Alter finden. Trifft das zu?
Ich kann das nicht bestätigen. Für unser Objekt in der Baurat-Hase-Straße haben wir zwar eine ordentliche Nachfrage, aber wir werden auch nicht überrannt. Es gibt keine langen Wartelisten. Das spricht dagegen, dass es einen großen Mangel an altengerechten Wohnungen gibt. Ich vermute eher, dass die Generation der 80- bis 90-Jährigen eine starke Bindung an ihre Häuser hat und sich nur schwer trennt. Für unser Geschäft bedeutet das, dass wir Neubauten für ältere Kunden auf Sicht planen. Wir werden zunächst abwarten, wie sich die Wohnungen in der Baurat-Hase-Straße vermieten. Dann entscheiden wir, ob wir weitere Neubauten brauchen.
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EWG-Geschäftsführerin Birgit Rosenbauer plant den nächsten Neubau an der Baurat-Hase-Straße. Sie sagt: "Wir haben eine ältere Zielgruppe mit typischerweise kleinen Haushaltsgrößen im Blick." |
Wie beeinflussen die sinkenden Einwohnerzahlen die Nachfrage nach Wohnungen in Einbeck?
Aufgrund der Bevölkerungsentwicklung wird es bereits 2020 rund 250 Haushalte weniger geben als noch 2017. Langfristig verstärkt sich dieser Trend weiter und dementsprechend sinkt auch der Wohnungsbedarf. Das ist die Gesamtbetrachtung. Bei der EWG spüren wir erfreulicherweise keine Flaute – mit einer Leerstandsquote zwischen 0,3 und 0,7 Prozent stehen wir sogar besser da als vor zehn Jahren. Damals lagen wir bei rund sechs Prozent Leerstand.
Wie erklären Sie sich das?
Unsere Investitions- und Marketingstrategie geht offenbar auf. Wir investieren jährlich zwischen zwei und drei Millionen Euro in die Modernisierung unseres Bestands – zum Beispiel in Energieeffizienz. Hinzu kommen Investitionen in Neubauprojekte. Ein Trend, der dem Bevölkerungsrückgang entgegenwirkt, ist die wachsende Zahl von Einpersonenhaushalten. Ich schätze, dass dieser Effekt den Nachfragerückgang zu etwa 20 Prozent kompensiert.
Wenn es Ihnen so gut geht, muss die Lage bei anderen um so schlechter sein...
Ich kenne die Situation unserer Wettbewerber nicht im Detail. Aber in vielen Fällen scheint die Lage deutlich schwieriger zu sein als bei uns. Ich gehe zum Beispiel davon aus, dass es in etlichen Fachwerkhäusern Leerstand gibt, weil Sanierungen und Modernisierungen sich sehr komplex gestalten und zudem nicht wirtschaftlich sind.
Auch die EWG hat schon Wohnhäuser abgerissen – etwa in Salzderhelden. Gibt es bei Ihnen keine Problemfälle?
Aktuell nur sehr wenige. Wir haben insgesamt rund 3000 Wohnungen in der Verwaltung, davon gehören 1600 uns selbst und 1400 verwalten wir für andere Eigentümer. Ein großer Vorteil für uns ist sicherlich, dass diese Immobilien zum allergrößten Teil in der Kernstadt liegen. Dort ist die Wohnungsnachfrage spürbar besser als in den Ortsteilen.
Der Bevölkerungsrückgang wird begünstigt durch die Strukturschwäche der Region. Wie passen dazu Kaltmieten von zehn Euro pro Quadratmeter – so wie bei Ihrem jüngsten Neubauprojekt?
Sie meinen das Objekt am Petersilienwasser. Dort verlangen wir in der Tat diesen Preis, was durch den hohen Standard aber auch gerechtfertigt ist. Bei unseren Bestandsimmobilien sind die Mieten deutlich geringer. Hier liegen wir im Durchschnitt bei 4,95 Euro pro Quadratmeter bzw. bei 6,20 Euro nach Modernisierungen. Für manchen Kunden ist sicherlich auch das schon viel Geld. Allerdings müssen wir über die Mieten unsere Investitionen finanzieren. Zudem erhöhen wir die Mieten nur selten bei bestehenden Verträgen. In der Regel modernisieren wir erst und heben dann bei der Neuvermietung den Preis an.
Welche besonderen Anforderungen haben ältere Mieter an ihre Wohnungen?
Ein großes Thema ist Barrierefreiheit. Das bedeutet zum Beispiel, dass es in der Wohnung keine Türschwellen gibt und die Dusche ebenerdig ist. Die Dusche sollte größer sein als der Standard – zum Beispiel 1,10 x 1,10 Meter statt der üblichen 0,90 x 0,90 Meter. Auch ein Fahrstuhl ist vorteilhaft. Allerdings ist das teuer und schlägt sich in den Betriebskosten nieder. In unseren Bestandsbauten der 50er und 60er Jahre ist Barrierefreiheit in einem gewissen Rahmen, aber nicht immer vollständig umsetzbar. Dann sprechen wir vom barrierearmen Wohnen.
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Neubau der EWG am Petersilienwasser. |
Was tun Sie bei Neubauten, um den Bedürfnissen älterer Kunden gerecht zu werden?
In unseren Gebäuden am Petersilienwasser haben wir die genannten Anforderungen komplett umgesetzt. Ein weiterer wichtiger Pluspunkt ist dort die Zentrumsnähe mit kurzen Wegen zum Einkaufen oder zu Ärzten. Den nächsten Neubau haben wir an der Baurat-Hase-Straße begonnen. Auch dort haben wir eine ältere Zielgruppe mit typischerweise kleinen Haushaltsgrößen im Blick. Die größte Wohnung wird rund 50 Quadratmeter groß sein. Der Standard wird einfacher sein als am Petersilienwasser, dafür wird die Kaltmiete nur bei ca. 7 Euro pro Quadratmeter liegen. 2019 wird das Haus bezugsfertig sein. Übrigens planen wir so, dass wir flexibel bleiben. Falls wir langfristig doch mehr größere Wohnungen brauchen, dann können wir die Grundrisse mit relativ einfachen Mitteln verändern.
Alt ist nicht gleich alt – auf der einen Seite gibt es die fitten Senioren, auf der anderen die pflegebedürftigen Hochbetagten. Wie unterscheiden sich die Ansprüche?
Die Zielgruppe der Älteren ist in der Tat sehr heterogen. Das erleben wir beispielsweise in unseren drei Einrichtungen für betreutes Wohnen, also im Johannisstift, in St. Spiritus und am Haspel. Im Grunde leben dort zwei Generationen. Es gibt die 70-Jährigen, die typischerweise vollkommen autark leben, Gemeinschaftsveranstaltungen wie Yoga oder Kochen schätzen und nur bei Bedarf einzelne Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Und es gibt die 100-Jährigen, die meist regelmäßig von einem Pflegedienst betreut werden und sich eher in den eigenen vier Wänden aufhalten. Das ist nicht leicht unter einen Hut zu bringen – gerade wirtschaftlich.
Was meinen Sie damit?
Die Bewohner können viele unterschiedliche Dinge in Anspruch nehmen, vom Beratungs- und Besuchsservice bis zum Veranstaltungsangebot. Während viele Hochbetagte dafür gern eine Pauschale bezahlen, ziehen die Jüngeren typischerweise eine Einzelabrechnung wie bei den Wahlleistungen vor. Das ist für den Dienstleister schwierig zu kalkulieren, denn wenn er Personal vorhält, dann braucht er einen Grundumsatz.
Der Einbecker Markt für Wohnhäuser gilt als angespannt. Kritiker sagen: Das liegt auch daran, dass die Besitzer keine passende Wohnung für das Alter finden. Trifft das zu?
Ich kann das nicht bestätigen. Für unser Objekt in der Baurat-Hase-Straße haben wir zwar eine ordentliche Nachfrage, aber wir werden auch nicht überrannt. Es gibt keine langen Wartelisten. Das spricht dagegen, dass es einen großen Mangel an altengerechten Wohnungen gibt. Ich vermute eher, dass die Generation der 80- bis 90-Jährigen eine starke Bindung an ihre Häuser hat und sich nur schwer trennt. Für unser Geschäft bedeutet das, dass wir Neubauten für ältere Kunden auf Sicht planen. Wir werden zunächst abwarten, wie sich die Wohnungen in der Baurat-Hase-Straße vermieten. Dann entscheiden wir, ob wir weitere Neubauten brauchen.