„Mangelnde Deutschkenntnisse sind oft das einzige Hindernis für einen Berufseinstieg“

Viele Einbecker Unternehmen finden nicht genügend Fachkräfte. Die SPD will die Sprachförderung für anerkannte Flüchtlinge verbessern, um so die Einstiegschancen in den Arbeitsmarkt erhöhen. Dazu das Interview mit Peter Traupe, Geschäftsführer der Kreistagsfraktion.


Peter Traupe, Geschäftsführer der SPD-Kreistagsfraktion. Der Einbecker sagt: "Wir sollten froh sein, dass wir nicht unsere Heimat verlassen müssen – und diejenigen unterstützen, die eine lange Flucht hinter sich haben."

Sie verlangen eine bessere Sprachförderung für Flüchtlinge im Landkreis Northeim. Was ist der Grund?
Wir sehen, dass es in unserer Region zunehmend an qualifizierten Arbeitskräften fehlt. Das gilt beispielsweise für die Alten- und Krankenpflege, aber auch für andere Dienstleistungsberufe. Bei DB Regio und privaten Eisenbahnunternehmen etwa sind schon Fahrten ausgefallen, weil es nicht genügend Lokführer gibt. Gleichzeitig leben bei uns viele Flüchtlinge, die gesuchte Qualifikationen mitbringen oder eine passende Ausbildung absolvieren könnten. Oft sind mangelnde Deutschkenntnisse das einzige Hindernis für einen Berufseinstieg. Das wollen wir ändern.

Wie soll das konkret funktionieren?
Wir wollen eine Förderung für alle anerkannten Flüchtlinge und Bleibeberechtigten, so dass jeder mindestens das Sprachniveau B1 oder B2 erwerben kann. Heute gibt es hier einige Lücken in unserem Recht, so dass nicht jeder Zugang zu den notwendigen Kursen bekommt. Im Grunde müsste der Bundesgesetzgeber das über ein Einwanderungsgesetz regeln. Aber so lange das nicht der Fall ist, sollte der Landkreis einspringen und auch die Finanzierung übernehmen.

Der Bundeshaushalt weist Überschüsse aus. Warum sollte der finanzschwache Landkreis Northeim die Aufgaben freiwillig übernehmen?
Weil es der Region nützt! Zu einer guten Lebensqualität gehören ein funktionierender Nahverkehr und gute Pflegeangebote für die Alten. Wenn das an fehlenden Fachkräften scheitert, haben wir nichts gewonnen. Aber wie gesagt: Im Grunde muss der Bund die Sprachförderung über ein Einwanderungsgesetz regeln. Es geht um eine pragmatische Übergangslösung.

Was sagen Sie Bürgern, die Vorbehalte gegen einen besseren Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge haben?
Durch zusätzliche Sprachkurse wird niemandem etwas weggenommen! Wir wollen Menschen fördern, die als anerkannte Flüchtlinge oder Bleibeberechtigte dauerhaft bei uns leben. Wenn sie dank besserer Deutschkenntnisse eine qualifizierte Arbeit finden, dann hilft das allen: den Zuwanderern, unseren Unternehmen und dem Staat, der Sozialausgaben spart und  zusätzliche Steuereinnahmen bekommt. Übrigens erleichtern gute Sprachkenntnisse auch die Verständigung mit den deutschen Nachbarn. Ich weiß, dass viele Menschen bei der Zuwanderung eine unterschwellige Angst empfinden.  Aber wir sollten uns davon nicht leiten lassen. Ich finde: Wir sollten froh sein, dass wir selbst nicht unsere Heimat verlassen müssen – und diejenigen unterstützen, die eine lange Flucht hinter sich haben.

Aktueller Hinweis:
Die SPD-Kreistagsfraktion hat beantragt, dass Landrätin Astrid Klinkert-Kittel ein Konzept zur besseren Sprachförderung für Flüchtlinge erarbeitet. In seiner Sitzung vom 7. September 2018 hat der Northeimer Kreistag den Antrag an die Fachausschüsse verwiesen.

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