Spezial-Training für ältere Autofahrer

Immer mehr Ältere – das heißt auch: immer mehr ältere Verkehrsteilnehmer. Lothar Dolle hat zwei Projekte ins Leben gerufen, die Autofahrern und Spaziergängern mehr Sicherheit geben sollen. Dolle ist stellvertretender Vorsitzender des Einbecker Seniorenrats. Zuvor leitete er 13 Jahre lang die Einbecker Polizeidienststelle.


Lothar Dolle ist stellvertretender Vorsitzender des Einbecker Seniorenrats. Er sagt: Viele Ältere schätzen ihre Fähigkeiten als Autofahrer falsch ein.

Viele Senioren leben mobil und unabhängig – was ist daran problematisch?
Ich wünsche jedem, dass er so lange wie möglich selbstständig und aktiv leben kann. Schwierig wird es dann, wenn ältere Autofahrer ihre Fähigkeiten am Steuer falsch einschätzen. Viele gestehen sich nicht ein, dass sie nicht mehr so sicher fahren wie früher. Oder sie wollen nach langer Pause wieder mit dem Autofahren beginnen, weil der Partner gestorben ist. Dann fehlt jede Routine. Ich finde es absolut verständlich, dass viele Ältere nicht auf das Auto verzichten wollen oder können. Tatsache ist aber auch, dass sich im Alter oft Schwächen und Handicaps entwickeln. Das sollte man nicht verdrängen.

Welche Schwächen meinen Sie?

Im Alter lässt in der Regel die Sehkraft nach. Das kann man bis zu einem gewissen Punkt ausgleichen – allerdings muss man dazu am Steuer die richtige Brille tragen. Vielen Älteren ist zum Beispiel nicht bewusst, dass Gleitsichtgläser zum Autofahren ungeeignet sind. Ein weiteres großes Thema sind Medikamente, die die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen. Darüber hinaus sind viele Senioren unsicher bei Autobahnfahrten. Ihnen fehlt die Übung, weil sie oft seit Jahren nur noch kurze Strecken gefahren sind.

Sollten ältere Menschen den Führerschein lieber abgeben, wenn sie Schwächen bei sich bemerken?

Das ist nicht unser Ansatz. Der Seniorenrat bietet gemeinsam mit der Verkehrswacht Fahrsicherheitstrainings speziell für Ältere an. Dabei gibt es theoretischen Unterricht zu geänderten Verkehrsregeln und eineinhalb Stunden praktisches Training. Am Ende bekommt jeder ein Feedback. Bei größeren Defiziten empfehlen wir zusätzlichen Unterricht in einer Fahrschule, um gezielt an den Schwächen zu arbeiten. Es geht uns also darum, dass die Teilnehmer die Sicherheit am Steuer zurückgewinnen.

Sie engagieren sich nicht nur für Autofahrer, sondern auch für Spaziergänger. Was hat es damit auf sich?
Wir haben im Stadtgebiet ein System von inzwischen 143 Notrufbänken aufgebaut, die der Rettungsdienst in Notsituationen so schnell wie möglich findet. Die Bänke befinden sich meist an Spazierwegen außerhalb der Ortschaften. Dort ist es bei einem Notruf oft schwierig, den genauen Aufenthaltsort zu beschreiben. Wer sich an einer Notfallbank befindet, muss dagegen nur die Zahl nennen, die gut sichtbar auf einem Schild an der Bank steht. Bei Rettungsdienst und Polizei sind die zugehörigen GPS-Daten hinterlegt, so dass die Helfer sofort wissen, wo sich die Person befindet. Die Anregung zu dem Projekt stammt aus Fredenbeck im Landkreis Stade.


Beschilderte Notrufbänke, wie hier am Wald bei Salzderhelden, sollen dem Rettungsdienst helfen, möglichst schnell vor Ort zu sein. 143 solcher Bänke gibt es im Stadtgebiet.

Wie erfolgreich ist das System?
In den Orten kommt die Idee hervorragend an. Meist bezahlen die Ortsräte die Herstellung der Schilder. Ich kenne keine Zahlen, wie oft die Notfallbänke dem Rettungsdienst schon die Arbeit erleichtert haben. Aber wenn im Laufe der Jahre dadurch nur ein Leben gerettet wird, dann hat es sich gelohnt.

Was planen Sie als Nächstes?
Ich erfasse gerade die Orte, an denen hohe Bordsteine für Rollstuhlfahrer oder mit Rollator zum Problem werden. An vielen Kreuzungen, gerade in den Dörfern, sind die Bordsteine bis zu 20 Zentimeter hoch. Das kann natürlich nicht funktionieren. Auf meiner Liste stehen schon mehr als 50 problematische Orte, obwohl ich noch nicht einmal die Hälfte des Stadtgebiets erfasst habe. Mit der Bürgermeisterin habe ich bereits über die Situation gesprochen. Allerdings kostet es rund 3.000 bis 5.000 Euro, einen Bordstein abzusenken. Das heißt: Das Problem kann nur nach und nach gelöst werden.

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