„Vielen Vereinen geht die Luft aus“

Der demografische Wandel betrifft viele kleine Orte besonders stark. Lothar Dolle ist stellvertretender Vorsitzender des Einbecker Seniorenrats und Mitglied des Ortsrats Rittierode. Im Interview spricht er über Mobilität auf dem Dorf, Vereine in Not und die Zukunft des Gemeinschaftshauses.


Die Ortseinfahrt nach Rittierode. Viele Berufstätige aus dem 230-Einwohner-Ort nehmen weite Arbeitswege mit dem Auto auf sich, berichtet Lothar Dolle: "Teilweise fahren sie bis nach Hannover oder Kassel - das sind täglich drei Stunden auf der Straße."

Rund 230 Menschen sind in Rittierode zuhause - eine überschaubare Größe. Wie hat sich das Leben über die Jahre verändert?
Ich beobachte leider, dass vielen Vereinen die Luft ausgeht, weil sich dort immer weniger Junge engagieren. Ich lebe seit rund 40 Jahren in Rittierode. Seitdem mussten der Karnevalsverein, die Kyffhäuser und der Gesangverein aufgeben. Der Tischtennisverein steht auf der Kippe, weil sich kein Vorsitzender findet.  Der Großteil der Spieler ist um die 60. Jüngere Mitglieder unter 40 Jahren gibt es kaum.

Woran liegt das?
Das Interesse am gemeinschaftlichen Engagement ist bei den Jüngeren einfach geringer. Ein Grund ist sicherlich, dass etliche Berufstätige lange Arbeitswege haben. Teilweise fahren sie bis nach Hannover oder Kassel - das sind täglich drei Stunden auf der Straße. Da fehlt nach Feierabend die Energie, um sich noch in das Leben im Ort einzubringen. 

Die Jungen sind mobil – wie steht es mit den Älteren?
Fortbewegungsmittel Nummer eins ist das Auto. Entweder man fährt selbst oder man lässt sich mitnehmen – zum Beispiel nach Einbeck zum Einkaufen. Diese Art von Nachbarschaftshilfe funktioniert bei uns noch. Erfreulicherweise haben sich auch die Anbindungen mit dem öffentlichen Nahverkehr verbessert – zumindest  in Richtung Kreiensen und Bad Gandersheim. Die Verbindung nach Einbeck finde ich immer noch dürftig.


Lothar Dolle ist stellvertretender Vorsitzender des Einbecker Seniorenrats und Mitglied des Ortsrats Rittierode.

Angesichts des Einwohnerrückgangs hat die Diskussion über die Finanzierbarkeit der  Dorfgemeinschaftshäuser begonnen. Wie steht es damit in Rittierode?

Da mache ich mir keine Sorgen. Unser Bürgerhaus haben wir vor 25 Jahren zu einem großen Teil in Eigenleistung gebaut. Dadurch haben wir viel Geld gespart. Die Hälfte der laufenden Kosten trägt die Dorfgemeinschaft über den Förderverein. Die andere Hälfte übernimmt die Stadt. Das ist vertraglich so vereinbart, weil die Feuerwehr das Gebäude als Gerätehaus nutzt.

Also eine stabile Lösung?
Ja. Zwar sinken auch beim Förderverein die Mitgliederzahlen. Aber der Kassenbestand reicht aus, um die Kosten für zehn weitere Jahre zu tragen. Das einzige Manko: Im Ernstfall hat die Feuerwehr Vorrang. Falls es brennt, müssen andere Nutzer des Gemeinschaftshauses zurückstehen. Im Notfall müssten sie eine Veranstaltung absagen. Allerdings ist das in 25 Jahren noch nicht vorgekommen…

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