„Manche Pflegeheime funktionieren fast wie eine Fabrik“

Viele Unternehmen der Pflegebrache finden nicht genügend qualifizierte Mitarbeiter. Die Convivo-Gruppe aus Bremen beschäftigt rund 3.700 Menschen, bis zu 50 sollen in ihrem neuen Senioren-Wohnpark in Einbeck arbeiten. Andreas Weber (Convivo) über Ursachen und Ausmaß des Fachkräftemangels.

In der Einbecker Südstadt baut die Convivo-Gruppe eine neue Wohnanlage für Senioren. Bis zu 24 Pflegefachkräfte werden dafür gesucht.

Die Pflegebranche wächst – doch es fehlt an Fachkräften. Wie dramatisch ist die Lage nach Ihrer Erfahrung?
Der Mangel ist groß und wird sich noch verschärfen. Allein die schrumpfenden Geburtenjahrgänge werfen ja die Frage auf, woher die benötigten Fachkräfte kommen sollen. Ein weiterer Grund für den Mangel ist allerdings hausgemacht: Es ist das schlechte Image der Pflegebranche in Deutschland.

Woher kommt das schlechte Ansehen?
Der Hauptgrund ist die fließbandartige Arbeitsweise in vielen Pflegeeinrichtungen: Ein Teil der Mitarbeiter kümmert sich um die schwere Pflege, zum Beispiel das Waschen und Anziehen der Bewohner. Eine andere Gruppe übernimmt dann die Tagesbetreuung und so weiter. Wir sehen also eine starke Strukturierung, manche Pflegeheime funktionieren fast wie eine Fabrik. Das führt dazu, dass viele Pflegekräfte nach wenigen Jahren resignieren und ausgebrannt sind.

Welche Rolle spielt die Bezahlung?

Das steht nach unserer Erfahrung nicht im Vordergrund. Bei uns kann eine Fachkraft nach drei Jahren Ausbildung gut 3.060 Euro brutto im Monat verdienen. Dann können noch eine Reihe von Zulagen dazu kommen, wie Bereichsleitung, Schichtvergütungen etc. Das kann sich im Vergleich zu anderen Branchen sehen lassen.

Was tun Sie, um ausreichend Mitarbeiter zu gewinnen?
Zum einen bilden wir einen großen Teil unseres Nachwuchses selbst aus. Die Convivo-Gruppe beschäftigt derzeit rund 200 Auszubildende bei einer Gesamtzahl von etwa 3.700 Mitarbeitern. Darüber hinaus setzen wir auf ein ganzes Bündel an Maßnahmen, um unsere Attraktivität als Arbeitgeber zu erhöhen.

Andreas Weber/Foto: Convivo
 Zum Beispiel?
Wir setzen in unseren Convivo-Parks auf eine ganzheitliche Pflege, bei der Pflegetätigkeit und Alltagsbetreuung ausgewogen auf alle Beschäftigten verteilt sind. Das macht die Arbeit vielfältig und abwechslungsreich. Ein guter Indikator für die Zufriedenheit der Mitarbeiter ist der Krankenstand, der bei uns um 30 bis 40 Prozent niedriger ist als in anderen Pflege-Unternehmen. Darüber hinaus bieten wir allen Mitarbeitern individuelle Entwicklungschancen. Sie können entweder eine Laufbahn mit Managementaufgaben anstreben oder sich als Fachkraft weiterbilden, etwa in der Palliativpflege, Demenz etc.

Welche Rolle spielen Pflegekräfte aus dem Ausland?
Wir haben seit 2010 rund 200 Fachkräfte aus Bosnien eingestellt und sehr gute Erfahrungen gemacht. Viele von ihnen sind gut ausgebildet und motiviert. Sie haben eine hohe Affinität zu Deutschland, weil sie oder ihre Eltern während des Jugoslawien-Kriegs einige Jahre als Flüchtlinge bei uns gelebt hatten.

Wie viele Mitarbeiter werden Sie am Standort Einbeck beschäftigen?
Wir suchen bis zu 24 Pflegefachkräfte. Hinzu kommen weitere Mitarbeiter wie beispielsweise Hausmeister bzw. Haustechniker, Servicekräfte etc. Insgesamt werden am Standort Einbeck rund 45 bis 50 Menschen arbeiten.

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