"Viele Familien kommen mit einem Einkommen nicht über die Runden"
Zentrale Ursache des demografischen Wandels ist der anhaltende Mangel an
Geburten. Auch in Einbeck sterben jedes Jahr mehr Menschen als
geboren werden. Im Interview spricht Lene Garus-Jochumsen, Leiterin
des Familien-Servicebüros am Hallenplan, über die Situation von Eltern und
Kindern. Sie sagt: Es mangelt an Krippenplätzen, obwohl Einbeck die gesetzlichen Vorgaben erfüllt.
Lene Garus-Jochumsen, Leiterin des Einbecker Kinder- und Familien-Servicebüros. |
Wie familienfreundlich ist Einbeck?
Ich finde, wir stehen ganz gut da. Die
meisten Arbeitgeber sind recht flexibel und nehmen Rücksicht auf
Mitarbeiter mit Kindern. Für die Freizeit gibt es etliche Orte, an
denen Mädchen und Jungen eine schöne Zeit verbringen können, ohne
etwas zu bezahlen. Ich denke an den Stadtwald und viele Spielplätze.
Auch eine Anlaufstelle wie das Kinder- und Familien-Büro ist nicht
selbstverständlich. Immerhin gibt es uns schon seit mehr als zehn
Jahren.
Wo liegen die Probleme?
Wir haben einen Mangel an
Krippenplätzen. Einbeck erfüllt zwar die gesetzliche Quote von 35
Prozent – aber der Bedarf ist deutlich höher, obwohl die Stadt
inzwischen über sechs Krippen verfügt.
Warum ist die Nachfrage so hoch?
Viele Familien kommen mit einem
Einkommen nicht über die Runden. Ein Grund dafür sind die
Mietkosten, die auch bei uns spürbar gestiegen sind. Die Folge ist,
dass viele Mütter schnell wieder arbeiten möchten, sobald das
Elterngeld ausgelaufen ist. Betreuungsbedarf entsteht außerdem in
vielen Flüchtlingsfamilien, wenn die Mütter ihren Deutschkurs
beginnen.
Kitas mit Öffnungszeiten am Abend
sucht man in Einbeck vergeblich. Wie kommen berufstätige Eltern
damit zurecht?
Nach meiner Erfahrung reichen die
Öffnungszeiten aus. Sicherlich gibt es auch andere Fälle – zum
Beispiel, wenn Eltern im Krankenhaus im 24-Stunden-Dienst arbeiten.
Das sind jedoch Ausnahmen. Für eine 24-Stunden-Kita ist Einbeck
wahrscheinlich auch zu klein.
Wie groß ist das Problem der
Kinderarmut?
Das ist leider auch in Einbeck ein
Thema. Viele Familien nutzen das Bildungs- und Teilhabepaket nicht,
obwohl es ihnen zusteht. Damit könnten sie zum Beispiel Zuschüsse
zu Klassenfahrten, für Nachhilfeunterricht oder zu den
Mitgliedsbeiträgen von Sportvereinen bekommen. Oft ist die Scham
jedoch so groß, dass die Eltern keinen Antrag stellen – oder sie
kennen die Möglichkeiten nicht.