„Ich warne vor Neubaugebieten in den kleinen Orten“

Seit einem halben Jahr ist Joachim Mertens Baudirektor der Stadt Einbeck. Damit ist er auch für die Ausweisung von Neubaugebieten zuständig, über die in den vergangenen Monaten heftig diskutiert wurde. Im Interview sagt Mertens, wo er neue Baugrundstücke für sinnvoll hält – und wo nicht.

Blickrichtung Altstadt: Baudirektor Joachim Mertens in seinem Büro im Neuen Rathaus.

Gerade hat der Stadtrat grünes Licht für weitere Bauplätze am Weinberg gegeben. Wieviel Neubau verträgt Einbeck angesichts sinkender Einwohnerzahlen?
Das Projekt am Weinberg ist sinnvoll – dort geht es um die überschaubare Zahl von 16 neuen Baugrundstücken in der Kernstadt. Grundsätzlich sollten wir aber zurückhaltend sein mit der Ausweisung neuer Flächen, um uns nicht langfristig weitere Leerstandsprobleme einzuhandeln. Wir sollten nur dort Baugebiete ausweisen, wo auch die notwendige Infrastruktur vorhanden ist.

Welche Bedingungen sollten erfüllt sein?
Wichtige Kriterien sind eine funktionierende ärztliche Versorgung und Einkaufsmöglichkeiten vor Ort. Das ist in der Kernstadt, in Kreiensen und mit Abstrichen in Greene gegeben.

Sind die übrigen Orte nicht abgeschnitten von der Entwicklung, wenn dort keine Neubaugebiete mehr möglich sind?
Nein. Selbstverständlich sollen sich auch die Dörfer entwickeln können – auf vorhandenen Flächen und durch das Schließen von Baulücken. Aber ich warne vor Neubaugebieten in den kleinen Orten. Das ist heute verlockend und bringt Einnahmen. In 30 Jahren aber stehen wir vor großen Problemen. Wer heute ein Haus baut, ist dann im Rentenalter. Die Kinder werden in vielen Fällen anderswo leben – es droht Leerstand. Hinzu kommen die Kosten für die Unterhaltung der Infrastruktur: Straßen und Kanäle, die wir heute bauen,  müssen in rund 30 Jahren saniert werden.

Über welche Größenordnung reden wir bei den Sanierungskosten?
Das ist für eine Straße oder ein Baugebiet nicht pauschal zu beziffern. Insgesamt gibt die Stadt in diesem Jahr rund 830.000 Euro für die Erhaltung von Straßen, Wegen und Plätzen aus.

Bei der Vorstellung der Leerstandserhebung gab es scharfe Kritik, weil nicht alle erfassten Baulücken tatsächlich für Bauwillige zur Verfügung stehen. Ist das inzwischen bereinigt?

Es wird nicht möglich sein, jeden Einzelfall noch einmal zu prüfen. Das ist aber auch nicht das Entscheidende – denn es geht nicht um einzelne Bauplätze, sondern um das Gesamtbild. Und die Gesamtbilanz sagt: Es gibt genügend Baulücken, die Interessenten nutzen können.

Wie geht es mit den Bauflächen in der Kernstadt weiter?
Nach dem Weinberg folgt das Areal am Deinerlindenweg – dort soll es ebenfalls Wohnnutzung in Form von Einfamilien- und Mehrfamilienhäusern geben. Noch in diesem Jahr sollen die alten Gebäude und die Bepflanzung verschwinden. Wenn der Bebauungsplan steht, könnte 2020/2021 die Erschließung und Vermarktung beginnen. 

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