„Wir müssen Südniedersachsen als Einheit vermarkten“

Zum 1. Juni ist das Welcome Centre für Fachkräfte und Wissenschaftler in den Dauerbetrieb gegangen. Zu den Trägern gehört die Südniedersachsen-Stiftung. Im Interview spricht Geschäftsführer Rüdiger Zinke über Arbeitskräftemangel, Chancen und Defizite der regionalen Zusammenarbeit.

Rüdiger Zinke ist Geschäftsführer der Südniedersachsen-Stiftung.

Wie groß ist der Fachkräftebedarf in den Unternehmen?
Durch demografischen Wandel und Abwanderung gibt es schon heute in vielen Bereichen Engpässe. Besonders groß ist der Mangel beispielsweise in Gesundheitsberufen wie der Alten- und Krankenpflege oder dem Rettungsdienst. Es mangelt aber auch an Erziehern, IT-Experten, in der Logistik, im Baugewerbe, im Metallbau oder in der Automatisierungstechnik.
Arbeitskräfte werden in vielen Regionen gesucht – auch in den Metropolen.

Wie kann Südniedersachsen da punkten?
Ich finde nicht, dass wir uns verstecken müssen, denn wir haben bei den harten wie den weichen Standortfaktoren einiges zu bieten. Mit den harten Faktoren meine ich die Vielzahl attraktiver Arbeitgeber, die nicht nur gute Arbeitsplätze, sondern auch interessante Karrierechancen bieten. Bei den weichen Faktoren denke ich an die Familienfreundlichkeit und den hohen Freizeitwert. Wir haben den Harz, den Solling und das Weserbergland vor der Haustür. Hinzu kommen die kurzen Wege zur Arbeit, von denen man zum Beispiel in Berlin nur träumen kann.

Wenn man den Fachkräftemangel betrachtet, scheinen sich diese Vorzüge noch nicht herumgesprochen zu haben…
Das stimmt leider. Ein Grund ist sicherlich, dass die Region nach außen nicht genug in Erscheinung tritt. Wir müssen Südniedersachsen stärker als Einheit vermarkten. Gemeinsam lassen sich auch viele Probleme besser lösen.

Welche?
Ein gutes Beispiel ist bezahlbarer Wohnraum – der ist in Göttingen knapp, in den kleineren Kommunen aber vorhanden. Deshalb empfiehlt das Welcome Centre den ankommenden Fach- und Führungskräften, auch einmal ins Umland zu schauen. In Städten wie Northeim oder Moringen kann man gut und deutlich günstiger leben – und Göttingen ist nur 20 Minuten entfernt.

Sind ausländische Fachkräfte überhaupt eine Lösung für Unternehmen mit akutem Bedarf?
Wer aus dem Ausland zu uns kommt, ist gegebenenfalls nicht sofort verfügbar. Mit einigen Monaten Vorlauf muss unter Umständen gerechnet werden. Es kann auch sehr viel länger dauern. Kandidaten aus dem Westbalkan, zum Beispiel Bosnien-Herzegowina,  warten oft ein Jahr auf einen Termin in der Botschaft, wo sie ihr Visum beantragen müssen. Wer einmal hier ist, den sollten wir möglichst langfristig an die Region binden.

Wie kann das gelingen?

In Bad Lauterberg gibt es unser „Meet Up“ für angekommende Fach- und Führungskräfte, damit sie leichter Kontakte knüpfen können. Ich hatte auch schon erwähnt, dass die Unternehmen der Region viele interessante Perspektiven bieten. Dazu gehört die Option, selbst eine Firma zu übernehmen. Gerade im Mittelstand gibt es etliche Unternehmer, die nicht wissen, wer den Betrieb einmal weiterführt. Ihre Kinder wollen die Verantwortung oft nicht übernehmen. Deshalb haben die Inhaber ein starkes Interesse, langfristig einen Nachfolger aufzubauen.

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