Baudirektor Mertens kritisiert Sanierungsstau im Fachwerk

Viele Flächen der Einbecker Innenstadt sind ungenutzt, etliche Gebäude sind in schlechtem Zustand. Im Interview spricht Joachim Mertens, neuer Baudirektor bei der Stadtverwaltung, über Ursachen und Auswege aus der Situation. Mertens: "Eine wichtige Initiative sind die Sch(l)aufenster." In verschiedenen Fällen hätten die dekorierten Auslagen dazu beigetragen, den Leerstand zu beenden.

Leerstand ist ein verbreitetes Problem in der Einbecker Innenstadt. "Ein wichtiger Grund ist, dass so viele junge Menschen wegziehen", sagt Baudirektor Joachim Mertens.

In Einbecks Fachwerkhäusern herrscht hoher Leerstand. Macht der Denkmalschutz Investitionen zu teuer?
Nein, das ist nicht das Problem. Meine zuständigen Mitarbeiter aus dem Denkmalschutz sind immer daran interessiert, gemeinsam mit dem Eigentümer zu einer Lösung zu kommen – denn wir möchten, dass die alten Gebäude genutzt werden. Wir sagen nur dann Nein, wenn es unvermeidlich ist. Das gilt zum Beispiel bei Kunststofffenstern in alten Fachwerkhäusern oder wenn ein historisches Gebäude komplett entkernt werden soll.

Wenn es nicht am Denkmalschutz liegt - was ist dann der Grund für den Leerstand?
Leerstand ist kein spezielles Problem in Einbeck, sondern weit verbreitet in kleinen Städten. Ein wichtiger Grund ist, dass so viele junge Menschen wegziehen – zum Beispiel an die Hochschulstandorte. Als zweiten großen Faktor sehe ich den Sanierungsstau im Fachwerk. Etliche Eigentümer haben über längere Zeit nicht ausreichend investiert, so dass sich die Kosten einer Instandsetzung immer höher aufgetürmt haben. In solchen Fällen scheuen oft auch die Erben vor den hohen Investitionen zurück und nehmen lieber Leerstand in Kauf.

Was kann Einbeck dagegen tun?
Eine wichtige Initiative sind die Sch(l)aufenster. Die dekorierten Auslagen haben schon in verschiedenen Fällen dazu beigetragen, dass in leerstehenden Räumen wieder ein Geschäft eröffnet hat. Ein neues Konzept ist aus dem Fachwerk-Fünfeck entstanden: Gemeinsam mit den Partnern hat die Stadt vor kurzem Fördermittel für einen Quartiersmanager beantragt, der sich um die Innenstädte von Einbeck, Northeim, Duderstadt, Hann. Münden und Osterode kümmern soll. Wir sind zuversichtlich, dass wir die Fördermittel bekommen.

Was genau soll der Quartiersmanager tun?

Das kann von Stadt zu Stadt unterschiedlich sein. In Einbeck wird es darum gehen, mit den Besitzern leerstehender Innenstadt-Immobilien ins Gespräch zu kommen. Bei Interesse soll der Quartiersmanager eine Erstberatung durch einen Architekten vermitteln, der eine grobe Schätzung des Investitionsbedarfs liefert. Auch über Fördermöglichkeiten könnte der Quartiersmanager informieren. Was viele Eigentümer nicht wissen: In großen Teilen der Innenstadt sind Zuschüsse für die Instandhaltung von Fachwerkhäusern möglich.

Seit Anfang 2019 ist Joachim Mertens Baudirektor der Stadt Einbeck. 

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Vereinfacht gesagt gibt es zwei Bedingungen. Erstens: Das Haus muss sich im Sanierungsgebiet Neustadt - Möncheplatz befinden. Zweitens: Eine Förderung kann es nur für so genannte nicht rentierliche Investitionen geben. Das sind Ausgaben, die der Besitzer nicht über höhere Einnahmen zurückbekommt – etwa in Form einer höheren Miete.

Müssten die Stadt und die kommunalen Unternehmen nicht selbst mehr tun, um leerstehende Häuser in der Innenstadt zu nutzen?

Ich gebe zu: Da ist Luft nach oben. Auch deshalb ist geplant, dass der Quartiersmanager sein Einbecker Büro direkt in der Innenstadt einrichten soll. 

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