„Wir brauchen mehr Köpfe im Versorgungssystem“

Vielen Städten droht durch eine Ruhestandwelle niedergelassener Ärzte eine deutliche Verschlechterung der medizinischen Versorgung. Aus Sicht der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) bedeutet das: Gerade ländliche Kommunen müssen mit neuen Konzepten um junge Mediziner werben. „Stellen Sie Ihr Licht nicht unter den Scheffel. Streichen Sie lokale Vorteile heraus“, empfiehlt KVN-Sprecher Detlef Haffke.

Heute ist Einbeck gut mit Fachärzten versorgt - doch in Zukunft werden Kommunen verstärkt um junge Mediziner werben müssen. „Die Gemeinden müssen ihre Attraktivität für Arztfamilien aktiv in die Öffentlichkeit tragen“, rät die Kassenärztliche Vereinigung.

Landesweit gibt es nach Angaben der KVN derzeit 355 offene Hausarztsitze. Die größten Lücken  bestehen in Bremerhaven, im Landkreis Cuxhaven, bei Leer und im Umland von  Wolfsburg. „Hier liegen die Versorgungsgrade um die 80 Prozent“, berichtet Haffke. Landesweit seien zudem rund 90 Facharztsitze zu besetzen.

In Einbeck ist die Versorgung derzeit noch gut – doch es drohen Probleme: Laut KVN scheiden im Landkreis Northeim in den kommenden zehn Jahren voraussichtlich ein Drittel der Ärzte und Psychotherapeuten aus dem Berufsleben aus. Frei werdende Arztsitze würden ausgeschrieben, kündigt Haffke an. Dies allein werde künftig jedoch nicht mehr reichen, um den Bedarf zu decken. „Wir brauchen deshalb langfristig dringend mehr Köpfe im Versorgungssystem.“ Die Forderungen der KVN: zusätzliche Medizinstudienplätze, eine Landarztquote, mehr Quer- und Wiedereinsteiger.

Um die Rahmenbedingungen für eine Niederlassung zu verbessern, seien Städte und Landkreise gefragt, so Haffke. „Alles muss auf den Prüfstand. Gemeinden könnten zum Beispiel über kommunale Stipendien für angehende Medizinstudenten nachdenken, um den Nachwuchs zu fördern.“ Auch die Kinderbetreuung und die Organisation eines Arbeitsplatzes für Partner oder Partnerin der Mediziner spielten eine wichtige Rolle.

Handlungsbedarf sieht die KVN zudem bei der Mobilität der Patienten. „Dort, wo es in Zukunft weniger Ärzte geben wird, müssen die Patienten weiterhin in der Lage sein, mit Bussen in die nächste Arztpraxis zu kommen“, so Haffke. Auch spezielle Ärztebusse zu den Sprechstunden seien sinnvoll. „Die Gemeinden müssen ihre Attraktivität für Arztfamilien aktiv in die Öffentlichkeit tragen“, betont Haffke.

Florian Schröder, Allgemeiner Vertreter der Einbecker Bürgermeisterin, verweist auf den runden Tisch zur hausärztlichen Versorgung, die enge Zusammenarbeit mit dem Ärzteverein und die Homepage aerzte-einbeck.de, die über die Region und Unterstützungsangebote für Mediziner informiert. Die aktuelle Lage bewertet auch Schröder als gut: „Der große demografische Knick, der bei den Hausärzten drohte, konnte weitgehend abgefangen werden, wobei die Stadt da nur punktuell flankieren musste.“ Die Zahlen der KVN zeigen allerdings auch: In den kommenden Jahren drohen neue Risiken.

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