„Außergewöhnliche Sortimente machen eine Innenstadt lebensfähig“

Seit Jahresbeginn ist Anja Barlen-Herbig Geschäftsführerin von Einbeck Marketing. Im Interview erklärt sie, wie sie für leerstehende Immobilien neue Nutzer finden und Hauseigentümer zu mehr Investitionen motivieren will. Gesellschafter der Einbeck Marketing GmbH sind die Stadt Einbeck und die Einbeck Marketing InitiativGemeinschaft.

Beim Interview: Anja Barlen-Herbig, Geschäftsführerin von Einbeck Marketing.

Sie haben angekündigt, dass sich Einbeck Marketing künftig auch um das Citymanagement kümmert. Zielt das auf den hohen Leerstand im Fachwerk?
Ja, Leerstandsmanagement wird für uns ein wichtiges Thema sein. Die Sch(l)aufenster-Initiative hat in den vergangenen Jahren viel erreicht. Trotzdem brauchen wir noch mehr Bewegung - wir müssen neues Leben in alte Häuser bringen. Eine Möglichkeit sind dabei PopUp-Stores, also Geschäfte, die zunächst für eine zeitlich begrenzte Aktion eröffnen. Ein anderes Thema sind besondere Sortimente, die es nicht auf Online-Plattformen gibt, zum Beispiel handgefertigte Taschen oder ein Unverpackt-Laden. So etwas kann man in einer Innenstadt sehr gut ansiedeln, wenn man Modelle findet, um Start-ups zu unterstützen.

Wie kann das funktionieren?

In anderen Städten ist es üblich, dass zum Beispiel Hauseigentümer Start-ups mit besonderem Sortiment bei den Mieten entgegenkommen. Nicht gleich für fünf Jahre, sondern beispielsweise für sechs Monate oder ein Jahr. Außergewöhnliche Sortimente machen eine Innenstadt lebensfähig, weil sie ein anderes Einkaufserlebnis bringen als der Online-Handel.  Ich sehe große Chancen, denn meines Wissens wurden diese Möglichkeiten in Einbeck noch nicht so stark in den Blick genommen.  Eine Innenstadt muss zum Erlebnis werden – Sortimente sind dabei jedoch nur ein Aspekt, ebenso wichtig sind die Attraktivität und Aufenthaltsqualität.

Bisher wollte sich niemand um das Leerstandsmanagement kümmern – mit Ausnahme der ehrenamtlichen Initiative. Woher kommt der Antrieb, diese große Aufgabe anzugehen?
Ich sehe es andersherum. Es gibt viele Akteure, die bereits etwas tun – aber jeder für sich allein. Neben der Sch(l)aufenster-Initiative setzt sich auch die Stadtverwaltung für die Thematik ein, ebenso das Team von Einbeck Marketing und auch private Akteure wie Volker Stix mit dem Druckerviertel am Möncheplatz. Ich möchte die Akteure zusammenbringen, Schnittstelle sein und Impulse geben.

Ist das mit dem kleinen Team von Einbeck Marketing zu schaffen?
Ich bin in Gesprächen mit der Stadt, um Fördermittel für einen Citymanager zu bekommen. In der Regel kann man für solche Aufgaben einen Zuschuss von bis zu 75 Prozent erhalten. Wir sind dabei, das richtige Förderprogramm zu finden.

Einbeck Marketing wird sich künftig auch um das Leerstandsmanagement kümmern. „Unsere Aufgabe besteht darin, Impulse zu geben, zu koordinieren und die Fäden in der Hand zu halten", sagt Anja Barlen-Herbig. Foto: Archiv

Wie stellen Sie sich die Aufgabenteilung beim Leerstandsmanagement vor?
Ich sehe viele Partner, die Visionen und Ideen einbringen. Unsere konkrete Aufgabe bei Einbeck Marketing besteht wie gesagt darin, Impulse zu geben, zu koordinieren und die Fäden in der Hand zu halten. Darüber hinaus führen wir Gespräche mit Eigentümern und Investoren. Bei allen Themen der Wirtschaftsförderung und der Stadtentwicklung stimmen wir uns regelmäßig mit der Verwaltung ab. Für mich geht es nicht darum, die Aufgaben möglichst klar zu trennen, sondern zusammen etwas zu bewegen.

Was haben Sie noch vor?
Ich könnte mir Modellprojekte vorstellen, um gemeinsam mit Eigentümern moderne Wohn- und Arbeitsformen im Fachwerk schaffen. Das wäre interessant für Fachkräfte, die in ländlicher Umgebung, aber gleichzeitig urban leben wollen. Für solche Menschen gibt es in Einbeck noch nicht viele Angebote.

Rechnen Sie mit Unterstützung durch den Denkmalschutz?
Ohne den Denkmalschutz geht es nicht. Wenn konkrete Projekte anstehen, sollten wir die Eigentümer zusammenholen und noch besser über bestehende Förderprogramme informieren. In einem Sanierungsgebiet wie dem Bereich Neustadt-Möncheplatz ist vieles möglich. Wenn die Eigentümer das wissen, sind sie vielleicht auch motivierter zu investieren. Gleichzeitig müssen wir Einbeck nach außen positiv darstellen. Dann kommt das Interesse, dann kommen die Besucher, dann profitiert der Einzelhandel. An diesem Punkt hängen Citymanagement und Standortmarketing eng zusammen. Man kann einen Standort nur ganzheitlich vermarkten. 

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