Stipendien sollen junge Ärzte nach Diepholz bringen

Auf dem Land werden die Ärzte knapp – ein Problem gerade bei einer älter werdenden Bevölkerung. Der niedersächsische Landkreis Diepholz (218.000 Einwohner) zwischen Bremen und Osnabrück steuert bereits seit 2012 mit einem Stipendienprogramm für angehende Mediziner gegen. Im Interview erläutert Gesundheitskoordinatorin Stefanie Rust das Modell. Sie sagt: „Neben der Eignung für den Arztberuf ist regionale Verbundenheit unser wichtigstes Kriterium. Es nützt ja nichts, wenn jemand ein guter Mediziner wird, aber nicht im Landkreis Diepholz arbeiten möchte.“ Insgesamt hat der Landkreis bislang 28 Stipendien vergeben.

Rund um Diepholz droht ein Mangel an Ärzten. Der Landkreis fördert deshalb Medizin-Studenten, die später in der Region praktizieren wollen. Foto: Ligamenta Wirbelsäulenzentrum / Pixelio

Seit zehn Jahren vergibt der Landkreis Diepholz Medizin-Stipendien. Hat sich die ärztliche Versorgung schon verbessert?
Dafür ist es noch etwas zu früh, denn vom Studienbeginn bis zum Ende der medizinischen Ausbildung dauert es etliche Jahre. Immerhin sieben Stipendiatinnen und Stipendiaten befinden sich inzwischen in der Facharztausbildung. Sie könnten in den kommenden Jahren beispielsweise eine Praxis übernehmen.

Wie unterstützen Sie die Stipendiaten – und was erhält im Gegenzug der Landkreis Diepholz?
Nach erfolgreicher Bewerbung bekommen die Studierenden eine monatliche Unterstützung von 300 Euro. Zusätzlich zahlt der Landkreis einen Zuschuss zu den Studiengebühren – bis zu 150 Euro monatlich bei einem Studium im Ausland. Es geht aber nicht nur ums Geld: Wir begleiten die Studierenden auch auf ihrem Weg. Erfahrene Ärztinnen und Ärzte stehen ihnen als Mentoren zur Seite.

Welche Verpflichtungen gehen die Studierenden ein?
Ziel des Programms ist es, einer prognostizierten Unterversorgung in bestimmten medizinischen Fachrichtungen vorzubeugen. Dazu gehören Allgemeinmedizin, Urologie, Radiologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Nervenheilkunde, Chirurgie, Frauenheilkunde, Anästhesie sowie Innere Medizin. Die Fachrichtungen werden regelmäßig in Abstimmung mit der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen aktualisiert. Die Stipendiaten verpflichten sich, eine dieser Disziplinen zu wählen und nach der Facharztausbildung für mindestens zwei bis vier Jahre im Landkreis Diepholz zu arbeiten. Auch die Facharztausbildung soll bevorzugt in der Region stattfinden.

Foto: Thommy Weiss / Pixelio

 

Wie groß ist das Interesse?
Seit 2012 konnten wir 28 Stipendien vergeben – bis zu fünf pro Jahr. Die Nachfrage unterliegt Schwankungen. Insgesamt würde ich aber von einem guten Interesse sprechen. 

Wie werben Sie für das Programm?
Einerseits betreiben wir klassische Pressearbeit und informieren auf der Homepage des Landkreises. Andererseits gehen wir in die Schulen und sind auf Messen vertreten. Dort kommen wir direkt mit Kandidatinnen und Kandidaten ins Gespräch. Darüber hinaus stehen wir deutschlandweit im Kontakt mit Universitäten, die das Medizin-Studium anbieten.

Wie wählen Sie die Stipendiaten aus?
Neben der Eignung für den Arztberuf ist regionale Verbundenheit unser wichtigstes Kriterium. Es nützt ja nichts, wenn jemand ein guter Mediziner wird, aber nicht im Landkreis Diepholz arbeiten möchte. Die Mehrzahl der erfolgreichen Bewerber ist bei uns aufgewachsen oder hat eine andere private Bindung an den Landkreis. Übrigens kann man sich zu jedem Zeitpunkt des Studiums bewerben. Das gilt auch noch während der Famulatur, also der Praxismonate nach dem ersten Teil der ärztlichen Prüfung. 

„Wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht, wird niemand viel erreichen“

Was reizt die Bewerber – neben dem Geld?
Vielen geht es um die Chance, sich ganz auf ihr Studium zu konzentrieren – ohne Nebenjobs oder finanzielle Sorgen. Der zweite große Pluspunkt ist das Netzwerk: Einmal pro Jahr organisieren wir ein Treffen aller Stipendiaten und Mentoren. Für die Studierenden ist die Teilnahme verpflichtend, aber zugleich auch eine super Chance, um Kontakte zu knüpfen und Tipps von erfahrenen Berufskollegen zu bekommen.

Was raten Sie Städten und Landkreisen, die ein ähnliches Programm starten wollen?
Enge Zusammenarbeit! Das betrifft die Kommune, die niedergelassenen Ärzte, örtliche Kliniken und die Kassenärztliche Vereinigung. Die Verwaltung kann das Programm zwar organisieren und finanzieren. Aber es braucht auch erfahrene Mentoren, Plätze für die Facharztausbildung und Prognosen über die benötigten Fachrichtungen. Wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht, wird niemand viel erreichen. 

Mehr Infos gibt es beim Landkreis Diepholz.

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