„Einbeck muss moderner und dynamischer werden“

Smart City: So heißt das Projekt, mit dem Einbeck fit für die Zukunft werden will. Für das Förderprogramm des Bundes wurde die Stadt als eines von wenigen Mittelzentren im ländlichen Raum ausgewählt. 4,6 Millionen Euro stehen zur Verfügung, um Einbeck digitaler und nachhaltiger zu machen. Ab Januar soll das fünfköpfige Projekt-Team komplett sein. Smart-City-Koordinatorin Rebecca Spaunhorst über Bürgerbeteiligung, Abwanderung und die Innenstadt als Online-Shop. Sie sagt: „Alle sind eingeladen, Wünsche, Ideen und Fragen zur Digitalisierung und zur Zukunft von Einbeck einzubringen.“

Mitten in Einbeck: Smart-City-Koordinatorin Rebecca Spaunhorst auf dem Marktplatz. Foto: R. Spaunhorst

Mit dem Smart-City-Projekt verbinden sich in Einbeck große Hoffnungen. Wie ist der Stand?
Wir befinden uns in der Startphase und arbeiten an etlichen Baustellen gleichzeitig: Zum einen an der Strategie, die bis Juni 2023 vorliegen muss. Die Frist dafür wurde gerade um sechs Monate verlängert, weil es in diesem Jahr nicht zu schaffen gewesen wäre. Zum anderen kümmern wir uns um Schwerpunkte wie die Digitalisierung im Handel, die Beteiligung der Stadtgesellschaft oder smartes Energiemanagement. Personell verstärken wir uns weiter. Ab Januar soll unser fünfköpfiges Team komplett sein. 

Wie sollen Bürgerinnen und Bürger einbezogen werden?
Das Motto dafür heißt: Labor Einbeck. Konkret: Alle sind eingeladen, Wünsche, Ideen und Fragen zur Digitalisierung und zur Zukunft von Einbeck einzubringen. Das läuft über Medien wie die Morgenpost, Instagram oder Facebook. Wir gehen aber auch in Schulen, Kindergärten oder zum Seniorenrat und sind in den Ortsräten vorstellig. Für Laufkundschaft sind wir in unserem zukünftigen Büro im Zentrum von Einbeck erreichbar. 

Der Handel digitalisiert sich schon mit hoher Geschwindigkeit – braucht es da noch Förderung
Ja, Förderung kann jeder immer gebrauchen! Eine Idee besteht beispielsweise darin, die Einbecker Innenstadt in einem gemeinsamen Online-Shop zu bündeln. Wir stellen uns vor, dass man virtuell durch die Fußgängerzone bummeln, Geschäfte betreten, Produkte aussuchen und gleich bezahlen kann. Es geht aber nicht nur um die Kernstadt: In den Ortschaften sind digitale Dorfläden für die Nahversorgung denkbar. Überspitzt: Wenn mir nachts um drei einfällt, dass ich einen Kuchen backen möchte, dann kann ich den Dorfladen mit meinem digitalen Zugang öffnen und die Zutaten mitnehmen – natürlich digital bezahlt.

Die Innenstadt als Online-Shop? „Wir stellen uns vor, dass man virtuell durch die Fußgängerzone bummeln, Geschäfte betreten, Produkte aussuchen und gleich bezahlen kann“, skizziert Rebecca Spaunhorst eine Idee aus dem Smart-City-Projekt.

Ein Kernproblem der Innenstadt ist Leerstand. Was kann das Smart-City-Projekt leisten?
Digitales Leerstandsmanagement ist nicht mehr Teil des Projekts – das wäre personell nicht zu schaffen gewesen. Die Wirtschaftsförderung hat diese Aufgabe übernommen. In der Smart-City-Initiative planen wir weiterhin ein Fachwerkmusterhaus – Denk!Mal. Dort werden Hauseigentümer* und Investoren erleben können, wie man ein denkmalgeschütztes Gebäude modern und nachhaltig sanieren und nutzen kann.

Wie genau wird das aussehen?
Anlaufstelle wird die Knochenhauerstraße 2-4 sein. Da, wo früher das Textilgeschäft war. Dort wird es unter anderem eine Fachwerk-Musterwohnung geben, in der man hinter die Fassade schauen kann – etwa auf die Dämmung. Auch die Kollegen aus der Stabstelle Tourismus könnten in das Haus ziehen und Führungen in der Musterwohnung anbieten. Außerdem ist eine Ferienwohnung geplant.

„Das Einkaufen und Wohnen in der Innenstadt muss wieder attraktiver werden.“

Mit dem demografischen Wandel verschärft sich der Fachkräftemangel. Können digitale Abläufe die Probleme mildern? Z. B. indem man sein Essen am Smartphone bestellt – und das Restaurant mit einem Kellner weniger funktioniert?
Die demografische Entwicklung ist ein großer Treiber des Smart-City-Projekts. Als Beispiel die Abwanderung junger Menschen: Das Einkaufen und Wohnen in der Innenstadt muss wieder attraktiver werden, um der Abwanderung etwas entgegenzusetzen. Einbeck muss moderner und dynamischer werden, um jüngere, diversere Zielgruppen anzuziehen und zu halten. Dafür ist Smart City eine Riesen-Chance. Schon allein finanziell, denn über den fünfjährigen Projektzeitraum stehen 4,6 Millionen Euro zur Verfügung. Auch die älteren Generationen sollen mitgedacht werden. Denn Smart City bedeutet auch, dass wir allen ein Angebot zur Mitnahme in die Zukunft machen.

Als Vorreiter unter den Smart Citys gilt Ahaus im Münsterland, wo man alle digitalen Angebote mit einem einheitlichen Zugang nutzen kann. Ein Vorbild für Einbeck?
Ich würde sagen: Ahaus ist eine Vision am Sternenhimmel. Man sieht, was möglich ist. Das Modell lebt allerdings auch von der treibenden Rolle eines Software-Unternehmens. Wir sollten uns von Städten wie Ahaus inspirieren lassen und dann bewerten, was wir für Einbeck wollen. Neue Vorschläge sind übrigens während des gesamten Smart-City-Projekts willkommen. Die Strategie, die im nächsten Sommer beschlossen wird, ist nicht in Stein gemeißelt.

*Aus Gründen der Lesbarkeit nutzen die Beiträge dieses Blogs überwiegend die männliche Form. Selbstverständlich sind mit solchen Personenbezeichnungen alle Menschen gleich welchen Geschlechts gemeint.

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