„Das Baustraßen-Quartier ist ideal für eine Alters-WG“

Die CDU-Ratsfraktion will  im ehemaligen Waisenhaus in der Einbecker Baustraße eine Alters-WG etablieren. Im Interview erläutert Initiatorin und Ratsfrau Heidrun Hoffmann-Taufall die Idee und erklärt, warum sie alternative Wohnformen für eine wichtige Antwort auf den demografischen Wandel hält.

Im alten Waisenhaus (rechts) soll nach der Vorstellung von Heidrun Hoffmann-Taufall eine Alters-WG entstehen. Aber auch die Nachbarschaft will die CDU-Ratsfrau einbeziehen - etwa das Gebäude der Baptistengemeinde (links).

Warum braucht Einbeck eine Senioren-WG?
Die Situation älterer Menschen ist heute eine ganz andere als noch vor zwei oder drei Generationen. Die Lebenserwartung steigt, sodass viele bei Rentenbeginn noch einen langen Lebensabschnitt vor sich haben. Viele Ältere sind zudem recht fit, was sich zum Beispiel in ihrem großen ehrenamtlichen Engagement widerspiegelt. Gleichzeitig nimmt mit der Lebenserwartung aber auch die Zahl der Pflegebedürftigen zu. Eine Alters-WG würde beides zusammenbringen: Unterstützung für die Hilfsbedürftigen und eine sinnstiftende Tätigkeit für fitte Senioren.

Wie genau soll das aussehen?
Die Idee ist: Eine Gruppe älterer Menschen lebt unter einem Dach und unterstützt sich gegenseitig – beispielsweise beim Einkaufen oder bei anderen Dingen, die einzelne Bewohner nicht mehr gut allein erledigen können. Zugleich gewinnen die Bewohner neue soziale Kontakte. Das ist besonders dann wichtig, wenn ein Partner stirbt und der andere allein zurückbleibt. Meist sind das die Frauen.

Ist es nicht besser, wenn Pflegebedürftige von Profis betreut werden – sei es in Heimen oder von ambulanten Pflegediensten?
Die Zahl der Pflegebedürftigen wird so stark steigen, dass Altenheime und Pflegedienste ihre Kapazitäten gar nicht ausreichend erhöhen können. Das scheitert schon am fehlenden Personal. Wir brauchen deshalb eine weitere Säule, in der sich ehrenamtlicher Einsatz und professionelle Leistungen ergänzen.

Als Standort haben Sie das restaurierte Waisenhaus in der Baustraße ins Gespräch gebracht. Warum?
Dort stehen sechs freie Wohnungen unter einem Dach zur Verfügung. Hinzu kommt die Nachbarschaft: Das Baustraßen-Quartier ist ideal für eine Alters-WG. Direkt neben dem Waisenhaus befindet sich ein Gebäude der Baptistengemeinde mit weiteren vier Wohnungen. Die könnte man ebenfalls einbeziehen, sofern die Gemeinde Interesse hat. In den Gemeinderäumen könnte man auch gut Veranstaltungen organisieren – für Senioren und Öffentlichkeit. Darüber hinaus befinden sich in unmittelbarer Nähe zwei Kindergärten, die als Kooperationspartner in Frage kommen. Dann könnten sich die Generationen begegnen.

Wie soll die Finanzierung aussehen?
Ich bin überzeugt, dass sich für ein solches Projekt Fördermittel gewinnen lassen. Zudem zahlt die Pflegeversicherung für Wohngruppen mit ambulanter Betreuung. Davon abgesehen: Wenn wir untätig bleiben, kommen durch das geplante Angehörigen-Entlastungsgesetz hohe Mehrkosten auf die Kommunen als Sozialhilfeträger zu. Es ist also im Interesse der Stadt, neue Lösungen zu finden.

Heidrun Hoffmann-Taufall.
 Wie stellen Sie sich die nächsten Schritte vor?
Der Rat hat das Thema an den zuständigen Sozialausschuss überwiesen. Wenn es dort eine Mehrheit für das Projekt gibt, dann sollte die Stadt möglichst schnell soziale Einrichtungen und andere denkbare Träger an einen Tisch holen und gemeinsam ein Konzept entwickeln. Für eine erfolgreiche Alters-WG brauchen wir aus meiner Sicht unbedingt einen hauptberuflichen Quartiersmanager, der sich einerseits um die Senioren und andererseits um Organisatorisches kümmert.

In der Südstadt baut die Firma Convivo gerade einen Wohnpark für Senioren. Wie passt das mit einer Alters-WG in der Baustraße zusammen?

Das sind zwei unterschiedliche Dinge, die nicht in Konkurrenz zueinander stehen. Convivo setzt allein auf professionelle Leistungen. Bei der Alters-WG würden ehrenamtliche Leistungen und professionelle Hilfe gleichberechtigt nebeneinander stehen. Das ist ein anderer Ansatz.

Die Vermarktung der Wohnungen im Waisenhaus hat bereits begonnen. Wollen Sie das stoppen?
Das ist aus meiner Sicht nicht nötig. Schon jetzt könnte man Mieter auswählen, die Interesse am Leben in einer Alters-WG  haben.

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