„Am alten Standort hätte ich nur verlieren können“

Einbecks Zentrum hat ohnehin ein Leerstands-Problem. Nun zieht mit dem Weinhaus Jörns ein traditionsreiches Geschäft aus der Fußgängerzone an die Saalfeldstraße in die Nähe großer Einkaufsmärkte. Im Interview erklärt Inhaber Heiko Jörns die Gründe.

Bisheriger Standort: „In der Marktstraße hat sich viel Frust angestaut“, sagt Heiko Jörns.

Wieso verlassen Sie mit Ihrem Geschäft die Innenstadt?
Das Haus in der Marktstraße gehört mir nicht, ich habe es seit unserem Start vom vorherigen Inhaber gemietet. Im August 2019 hat mit der Besitzer mitgeteilt, dass er das Gebäude verkauft. Im ersten Moment war ich wie vor den Kopf gestoßen, denn ich hatte nicht gewusst, dass sich die Entscheidung anbahnt. Danach hatte ich keine andere Möglichkeit, als mich nach einem neuen Standort umzusehen.

Hätten Sie das Haus gern selbst gekauft?
Nein. Mit diesem Gedanken hatte ich mich auch schon beschäftigt. Deshalb habe ich in den vergangenen Jahren von mehreren Architekten schätzen lassen, wieviel Geld ich in das alte Fachwerkhaus stecken müsste, um es dauerhaft als Geschäft zu nutzen. Das Ergebnis: Die Sanierung würde mindestens eine Million Euro kosten. Das ist so teuer, dass es für mich völlig unwirtschaftlich wäre. Am alten Standort hätte ich nur verlieren können. Entweder ich hätte mich überschuldet – oder auf den neuen Besitzer gewartet, der vielleicht gleich die Miete erhöht.

Nun ziehen Sie in die Saalfeldstraße - wären Sie nicht lieber im Zentrum geblieben?
Auf den neuen Standort bin ich eher durch Zufall aufmerksam geworden – aber er passt genau zu uns. Wir haben reichlich Parkplätze vor der Tür. Das ist ein großer Gewinn, denn eine Kiste mit Weinflaschen möchte man nicht unnötig weit tragen. Bei unseren Veranstaltungen können wir Brandschutzbestimmungen und andere Auflagen in Zukunft problemlos erfüllen. Das war bisher immer ein kritischer Punkt. Ein weiterer Vorteil ist die Nähe zu den großen Einkaufsmärkten, die sicherlich unsere Kundenfrequenz erhöht. Davon abgesehen: In der Marktstraße hat sich ohnehin viel Frust angestaut.

In ihrem Geschäft: Ines und Heiko Jörns.

Inwiefern?
Die fehlenden Parkplätze hatte ich schon angesprochen. Bisher haben wir zwar auch Stellplätze hinter dem Haus. Aber die sind viel zu oft von Leuten besetzt, die dort nicht hingehören. Unsere Kunden haben das Nachsehen. Hinzu kommt: Vor unserer Tür trifft sich praktisch jeden Tag schwieriges Publikum. Und das ist höflich ausgedrückt.

Wie kommt das?
Bei schlechtem Wetter sammeln sich die Leute unter unserem Vordach, weil es eine von ganz wenigen Überdachungen ist. Andere holen sich beim Supermarkt gegenüber ihre Getränke und halten sich dann vor unserem Geschäft auf. Ich bin ja schon froh, dass die Bänke vor der Tür verschwunden sind. Das ist eine Verbesserung. Trotzdem ist es spürbar, dass die Aufenthaltsqualität gelitten hat.

Ist es nicht problematisch, ausgerechnet in Corona-Zeiten umzuziehen?
Natürlich ist das schwierig. Ich kann ja nicht einmal zwei Freunde gleichzeitig fragen, ob sie mir beim zusammenräumen helfen. Wir werden im Juni eröffnen und arbeitsfähig sein. Aber um Schönheitsfragen können wir uns vermutlich erst später kümmern. Übrigens haben wir auch keine andere Wahl, als den Umzug über die Bühne zu bringen. Ende Juni müssen wir die Marktstraße verlassen haben.

Neuer Standort: An der Saalfeldstraße soll das Weinhaus im Juni eröffnen.

Wissen Sie, wie die Räume in Zukunft genutzt werden?
Nein.

Zur Person:
Heiko Jörns (55), Vater von 4 Kindern, führt seit 2003 ein Weinhaus in der Einbecker Marktstraße. Seit 2017 betreibt er mit zwei anderen Einbeckern die Gewürz- und Spirituosenmanufaktur  „Einbecker Jung“. Jörns war Vorsitzender der Einbecker Werbegemeinschaft und Mitgründer von Einbeck Marketing.

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