„Handlungsbedarf bei Wohnraum und Sauberkeit“

Unter dem Motto „Was hält uns zusammen?“ haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) unter anderem die Einbecker nach ihrer Einstellung zur eigenen Stadt gefragt. Eines der Ergebnisse der Befragung im Jahr 2021: Die Noten für die medizinische Versorgung, die Angebote für Ältere und die Bedingungen für Familien fallen durchwachsen aus. Das gilt besonders im Vergleich zu den anderen befragten Mittelstädten Merseburg (Sachsen-Anhalt), Passau (Bayern) und Gladbeck (Nordrhein-Westfalen). Projektmitarbeiterin Maike Simmank vom Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) über die Ergebnisse.

Wie sehen die Einbeckerinnen und Einbecker ihre Stadt? Nach der ersten Runde 2021 startet in wenigen Wochen die zweite Befragungswelle.

Die Einbeckerinnen und Einbecker sind vergleichsweise unzufrieden mit der ärztlichen Versorgung. Gibt es eine Erklärung, warum Einbeck schlechter abschneidet als andere Mittelstädte?
Ich würde die Ergebnisse anders interpretieren: Unser Regionalpanel zeigt in diesem Bereich eine hohe Zufriedenheit in allen vier Mittelstädten - das gilt auch für Einbeck. 59 Prozent der Befragten geben an, dass sie mit der ärztlichen Versorgung zufrieden oder sehr zufrieden sind. 25 Prozent ordnen sich in der Mitte ein und lediglich 16 Prozent sind unzufrieden oder sehr unzufrieden. Die durchschnittliche Zufriedenheit in den drei anderen Städten ist zwar ein wenig höher als in Einbeck. Allerdings sind die Voraussetzungen auch recht unterschiedlich – z.B. was Größe, Lage und Bevölkerung der vier Untersuchungsorte betrifft. 

Dennoch die Frage: Wo liegen die Kritikpunkte?
Das lässt sich allein auf Basis der quantitativen Abfrage leider nicht beantworten. Geht es etwa um fehlende Fachärzte, weite Entfernungen oder lange Wartezeiten? Wir wissen es nicht, da wir im Fragebogen nur die allgemeine Zufriedenheit, jedoch nicht die Gründe dafür abgefragt haben. Antworten können ergänzende qualitative Verfahren geben. Das muss nicht unbedingt im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie passieren – auch partizipative Diskussions- und Veranstaltungsformate kommen in Frage, um über Bedürfnisse und Verbesserungswünsche in bestimmten Bereichen ins Gespräch zu kommen. 

Maike Simmank. Foto: SOFI

Senioren gehen in der Regel häufiger zum Arzt als Jüngere. Sind sie auch unzufriedener mit der Versorgung?
Die Daten zeigen, dass die Altersgruppe der über 65-Jährigen am zufriedensten mit der ärztlichen Versorgung am Wohnort ist. Dicht gefolgt von der jüngsten Altersgruppe der 16- bis 24-Jährigen. Am unzufriedensten sind die 25- bis 39-Jährigen. Insgesamt gilt, dass die Bewertung von Zufriedenheit sehr subjektiv ist. Die einen denken primär an die Verfügbarkeit oder Erreichbarkeit von Ärztinnen und Ärzten, für andere steht etwa die Qualität der Leistungen im Vordergrund. 

Die Kinderbetreuung bekommt in Einbeck ebenfalls durchwachsene Noten. Wo drückt der Schuh?
Auch hier würde ich sagen: Die Zufriedenheit mit Schulen und Kinderbetreuung ist in Einbeck hoch. Über die Hälfte der Befragten - 55 Prozent - sind damit zufrieden oder gar sehr zufrieden. Im Vergleich der Mittelstädte liegen Gladbeck und Merseburg mit 59 bzw. 60 Prozent nur wenige Prozentpunkte darüber. Positiver Ausreißer ist Passau mit 69 Prozent. Interessant ist, dass auch bei der Kinderbetreuung die älteste Altersgruppe (65+) die höchsten Zufriedenheitswerte angibt. Die niedrigsten Noten verteilt die jüngste Altersgruppe der 16- bis 24-Jährigen, gefolgt von den 25- bis 39-Jährigen. Auch hier wäre es interessant, in Gesprächen mit den betreffenden Altersgruppen zu thematisieren, welchen Erfahrungen den Bewertungen zugrunde liegen. 

„Einbeck gehört zu den Gewinnern der Befragung!“ 

Gibt es Unterschiede zwischen Kernstadt und Dörfern?
Bei den Infrastrukturangeboten erreicht die Kernstadt in vielen Bereichen höhere Zufriedenheitswerte als die Ortsteile. Das gilt vor allem für das kulturelle Angebot, die Versorgung von Pflegebedürftigen, Einkaufsmöglichkeiten und Apotheken. Schaut man die drei „Flecken“ Kreiensen, Greene und Salzderhelden mit jeweils über 1.000 Einwohnerinnen und Einwohnern gesondert an, dann sticht Salzderhelden hervor. Dort sind die Zufriedenheitswerte für Mobilität – Bus und Bahn -, ärztliche Versorgung und sogar für die Internetverbindung höher als in der Kernstadt. Plausibel erscheint die hohe Zufriedenheit mit dem ÖPNV vor allem wegen des Bahnhofs. Die kleineren Dörfer liegen in der Zufriedenheit mit bezahlbarem Wohnraum und mit der Sauberkeit im öffentlichen Raum vor der Kernstadt.  

Was raten Sie Einbeck, um bei der nächsten Befragungswelle besser abzuschneiden?
Mit Blick auf die hohe Rücklaufquote von über 30 Prozent und den hohen Zusammenhaltswert gehört Einbeck zu den Gewinnern der Befragung! Der Fragebogen umfasste ja weitaus mehr als die Abfrage nach der Zufriedenheit mit lokalen Angeboten. Beispielsweise kann man kann den Einbeckerinnen und Einbeckern eine hohe Verbundenheit mit ihrem Wohnort attestieren. Unsere Ergebnisse der ersten Welle können als Grundlage für die Fortentwicklung der Stadt dienen. Handlungsbedarf zeigt sich etwa beim bezahlbaren Wohnraum, bei der Sauberkeit im öffentlichen Raum und beim Freizeitangebot für Ältere. Mit der Panelstudie haben wir die Möglichkeit, Veränderungen im Zeitlauf zu erheben, da dieselben Personen im Abstand von zwei Jahren wiederbefragt werden. Im Februar/März geht es mit der zweiten Befragungswelle weiter – wir hoffen wieder auf eine hohe Beteiligung und dürfen gespannt sein, ob und wie sich die Zufriedenheit und Einschätzungen in einzelnen Bereichen verändert haben!

Mehr Infos über die Ergebnisse der ersten Runde:
Freizeitangebot für Ältere: Einbecker geben ihrer Stadt mäßige Noten

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