Leihfahrräder und sanierte Einkaufsstraßen: So holt Winsen Besucher in die City

Viele Innenstädte leiden unter Leerstand und schwindendem Besucher-Interesse. Als Vorbild bei der Belebung der City gilt Winsen (Luhe) südlich von Hamburg. Ines Bader ist in der 35.000-Einwohner-Stadt für Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing zuständig. Im Interview erklärt sie, wie Winsen Einheimische und Gäste ins Zentrum lockt. Sie sagt: „Wir wollen die Menschen überzeugen, dass ein Innenstadt-Besuch nicht nur zum Shoppen lohnt.“ Für kurze Wege hat Winsen ein System von Leihfahrrädern aufgebaut, die an insgesamt 14 Stationen zur Verfügung stehen. Die erste Viertelstunde gibt es gratis.

Gut besucht: Winsener Wochenmarkt in einer sanierten Einkaufsstraße. Fotos: Stadt Winsen (Luhe)

Was sind Ihre wichtigsten Initiativen für eine lebendige Innenstadt?
Ein zentrales Projekt ist „Winsen 2030“. Hinter dem Begriff verbirgt sich die Sanierung der drei wichtigsten Einkaufsstraßen mit neuem Mobiliar, Wasserspielen, Spielgeräten, Begrünung und barrierefreiem Pflaster. Die Planung dafür hat bereits 2015 begonnen, inzwischen ist der erste Bauabschnitt fast fertig. Unser Ziel: die Aufenthaltsqualität steigern. Wir wollen die Menschen überzeugen, dass ein Innenstadt-Besuch nicht nur zum Shoppen lohnt. 

Was tun Sie noch?
Drei Beispiele. Erstens: Wir vergeben ungenutzte Geschäftsräume zu ermäßigten Mieten an  Gründerinnen und Gründer. Das gilt zeitlich befristet für 1 Jahr, längstens bis März 2023, weil danach das Förderprogramm ausläuft, mit dem diese Maßnahme finanziert wird. Zweitens: In der Innenstadt stehen an 14 Stationen Leihfahrräder zur Verfügung – die ersten 15 Minuten sind kostenlos. Damit wollen wir kurze Wege innerhalb der City attraktiver machen. Drittens: In Laufnähe zur Fußgängerzone haben wir mit dem „Luhetreff“ ein Haus der Vereine geschaffen. Das ist ein Anziehungspunkt für Menschen jeden Alters.

Ines Bader: „Die City ist heute zu vielen Zeiten gut besucht.“

Wie hat sich die Innenstadt verändert?
Mein Eindruck: Die City ist heute zu vielen Zeiten gut besucht. Dazu trägt auch unser monatliches Event bei – wir nennen das den „Lebendigen Donnerstag“. Vor Kurzem war das beispielsweise ein Piratentag für Kinder. Beim Leerstand sehe ich ebenfalls Fortschritte. Zwei Geschäfte konnten wir nach langer Zeit vergünstigt an eine Second-Hand-Händlerin und eine Tierfotografin vermieten. Wir hoffen, dass sich solche Angebote etablieren und auch bei regulären Kosten erhalten bleiben.

Wie kriegen Sie die Finanzierung der Projekte hin?
Ein wichtiger Faktor sind natürlich Fördermittel – ohne Zuschüsse könnten wir die Innenstadt-Sanierung oder die vergünstigten Mieten nicht umsetzen. Generell ist Winsen finanziell recht gut aufgestellt. Die Gewerbesteuer ist vergleichsweise stabil, der Verkauf von Bauland spült ebenfalls Geld in die Kasse. Das ist eine gute Grundlage, um überhaupt an Förderprogrammen teilzunehmen. Man muss ja immer damit rechnen, dass ein Antrag nicht bewilligt wird – dann muss man im Zweifel selbst einen größeren Anteil bezahlen.

Genutzt von Kindern und Erwachsenen: Winsener Innenstadt in der Visualisierung. 

Was würden Sie Kommunen raten, die sich etwas von Winsen abschauen wollen?
Die Stadtverwaltung sollte über das nötige Personal verfügen. Ich meine zum einen Spezialisten, die sich mit den komplizierten Regeln der vielen Förderprogramme auskennen. Dafür haben wir in Winsen ein kleines Team. Zum anderen braucht es Menschen, die die Projekte umsetzen. Es nützt ja nichts, wenn ich eine sechsstellige Summe bekomme, aber nicht sinnvoll ausgeben kann.

Und was sollte man lieber lassen?
Mein Rat wäre: Versuchen Sie nicht, die eierlegende Wollmilchsau zu finden – man kann nicht alle Probleme lösen. Besser ist es, eine Kernzielgruppe festzulegen und sich darauf zu konzentrieren. In Winsen hatten wir beispielsweise Erfolg bei der Ansprache junger Familien. Wir kümmern uns dagegen weniger um Partyangebote für Jugendliche. Wer am Wochenende weggehen will, hat Hamburg und Lüneburg vor der Tür. Da können wir ohnehin kaum mithalten.  

Mehr Infos zu den Winsener Leihfahrrädern gibt es hier:
https://www.winsen.de/portal/meldungen/auf-die-plaetze-fertig-winsenrad-neues-leihfahrrad-system-in-winsen-gestartet-902005236-20260.html?rubrik=2000007 

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